
Zu sensibel? Oder einfach verletzt – die unterschätzte Kraft von Mikrotraumata
Manchmal passiert gar nichts „Schlimmes“. Und trotzdem fühlt sich etwas in uns dauerhaft schmerzhaft an. Vielleicht kennst du das: Du funktionierst, gibst dein Bestes – aber tief in dir ist eine leise Anspannung. Als würdest du immer auf der Hut sein.
Kein Drama. Kein Unfall. Und doch sitzt etwas fest.
Willkommen in der stillen Welt der Mikrotraumata.
„Das Paradox von Trauma ist, dass es sowohl die Kraft hat, zu zerstören, als auch die Kraft, zu verwandeln und wiederauferstehen zu lassen.“
- Peter A. Levine
Was sind Mikrotraumata?
Mikrotraumata sind kleine seelische Verletzungen, die sich über die Zeit summieren. Sie sind oft so alltäglich, dass sie gar nicht als Trauma erkannt werden – und doch hinterlassen sie Spuren: im Nervensystem, im Selbstwert, in unseren Beziehungen.
Mikrotraumata entstehen nicht durch das eine große Ereignis, sondern durch viele kleine:
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Ein Elternteil, das innerlich abwesend war – jahrelang.
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Lehrer:innen, die dich übersehen oder vor der Klasse bloßgestellt haben.
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Die Botschaft: „Reiß dich zusammen, sei brav, mach es allen recht.“
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Ständiges Kritisieren, aber nie echtes Lob. Liebe nur für Leistung.
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Emotionale Kälte, abwertender Tonfall oder ständiges Übergehen deiner Grenzen.
Vielleicht hast du dich oft gefragt:
„Warum nehme ich alles so intensiv wahr?“
„Warum bin ich so unsicher, wenn andere dabei sind?“
„Warum kann ich mich nicht einfach entspannen?“
Dann könnte in dir ein Teil noch nach Antworten suchen – oder nach einem sicheren Ort.
Mikrotraumata – die unsichtbare Verletzung der Seele
Weil nichts „Großes“ passiert ist, nehmen viele ihre Verletzungen selbst nicht ernst.
Doch genau darin liegt die Gefahr:
Was wir nicht anerkennen, bleibt im Körper gespeichert.
Mikrotraumata können zu:
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chronischer Anspannung führen
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innerer Unsicherheit
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Perfektionismus und starker Selbstkritik
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wiederkehrenden Beziehungsmustern („Ich bin nie genug“)
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psychosomatischen Beschwerden wie Schlafstörungen, Bauchschmerzen, Migräne, Erschöpfung ohne Befund.
Und oft sind diese Symptome „unerklärlich“.
Der feine Unterschied: Mikrotrauma vs. Makrotrauma
Mikrotrauma
- Wiederkehrende, kleine seelische Überforderungen
- Meist aus dem sozialen Umfeld
- Langsam schleichende Wirkung
- Wird oft übersehen oder bagatellisiert
Makrotrauma
- Plötzliche, existenziell bedrohliche Ereignisse
- Häufig durch Gewalt, Unfall oder Verlust
- Schockartiger Auslöser
- Wird gesellschaftlich leichter als Trauma anerkannt
Beides ist real – und beides kann das Leben tiefgreifend prägen.
Woran du Mikrotraumata erkennen könntest
Diese Symptome sind kein Beweis – aber Hinweise:
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Du hast Mühe, dich innerlich sicher zu fühlen, selbst wenn „alles gut“ ist.
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Du tust viel für andere – und fühlst dich trotzdem oft einsam.
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Du bist sehr empathisch, aber oft auch erschöpft.
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Du findest keine Worte für das, was in dir schmerzt.
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Du fühlst dich schnell verunsichert, überfordert, nicht gehört oder übersehen.
Und vielleicht sagst du dir immer noch:
„Ich hab doch eigentlich eine ganz normale Kindheit gehabt.“
Mikrotraumata - Warum das Thema so wichtig ist
Mikrotraumata sind wie Haarrisse in der Seele.
Von außen kaum sichtbar – aber innerlich spürbar: als ständige Alarmbereitschaft, als über angepasstes Verhalten, als stille Selbstzweifel. Heilung beginnt dort, wo du dir selbst glaubst. Wo du
sagst:
„Ja, das war zu viel. Auch wenn es niemand bemerkt hat.“
Sie sind nicht allein - der erste Schritt zur Heilung ist verstehen
Wenn Sie diesen Artikel gelesen haben und innerlich etwas aufatmet – oder vielleicht auch traurig wird – dann könnte das bereits ein erster, heilsamer Schritt sein.
Denn manchmal genügt ein leises „Ja, das kenne ich“ – und etwas in uns beginnt sich zu lösen.
Erlauben Sie sich, behutsam hinzusehen. In Ihrem eigenen Tempo.
Und wenn Sie mögen, begleite ich Sie gern auf diesem Weg. Mit Hypnose, EMDR oder wingwave Emotionscoaching.